Es gibt Momente im Leben, in denen ein inneres Chaos herrscht. Dieses Chaos wird oft durch Angst ausgelöst und fordert und auf, Lösungen für unsere Probleme zu finden. Gerald Hüther (Neurobiologe und Angstforscher) schreibt: «Angst haben ist unangenehm und das vermeiden wir deshalb lieber. Und wir haben ja alle ziemlich gut gelernt, wie das geht: durch Verdrängung, Ablenkung, Abspaltung, durch Weghören, durch Abschalten, Verleugnen und was es da noch für Strategien zur Selbstberuhigung geben mag.» Diese Strategien erzeugen in uns die Hoffnung, dadurch Erleichterung oder sogar eine Lösung zu finden. Doch ich möchte dich ermutigen, dein inneres Chaos zuzulassen und einen Weg zu finden, damit umzugehen. Denn Angst ist wie ein Feuerstarter, der uns zur Veränderung aufruft. Das nehme ich mir zum Anlass, um nach einem Konzept zu suchen, das uns in unserer Angst Orientierung und Halt geben kann.

Wir Menschen sind Suchende. Viele Phänomene bleiben unerklärlich – einige davon machen uns Angst und stürzen uns ins Innere Chaos. Zu diesen Phänomenen gehören z.B. andere Menschen, unsere Kommunikationen, Erlebnisse, die Natur und mehr. Wir neigen dazu, alles in «richtig» oder «falsch» einzuteilen, um Ordnung und Sicherheit zu schaffen. Finden wir dann etwas, woran wir uns ausrichten können, beruhigt sich unser Geist. Wie Gerald Hüther sagt, senkt sich dann der Energiebedarf in unserem Gehirn, das Denken wird klarer, und wir erkennen wieder Perspektiven.

So wie wir im Gelände einen Kompass und eine Karte nutzen, um den richtigen Weg zu finden, können wir auch im Umgang mit Ängsten Orientierungshilfen verwenden. Wir brauchen einen inneren Kompass. Ein bewährtes System ist die Checkliste NORDA. Jeder Buchstabe hat eine spezifische Bedeutung und dient als praktische Merkhilfe. Lass uns gemeinsam Kartenarbeit machen, um deine Ängste zu überwinden – Schritt für Schritt.

N – Nordrichtung: Als Erstes richtet man die Karte anhand der Kompassnadel oder dem Gelände nach Norden aus. Das sind grundlegenden Gedanken und das Fundament der Persönlichkeit. Dies sind unser Weltbild, unsere Überzeugungen und Glaubenssätze. Vieles hat mit unserer Herkunftsfamilie und deren Interpretation zu tun.

O – Orientierung: Durch Geländepunkte wird der Standort definiert. Übertragen auf das Leben bedeutet dies, den Ist-Zustand zu erkennen. Wo stehe ich? Man darf sich bewusst machen, woher man kommt und welche Kompetenzen man hat. Diese Erkenntnis soll Sicherheit geben und die Zuversicht stärken.

R – Richtung: Es wird die Richtung zum Ziel festgelegt. Dafür braucht es zunächst ein klares Ziel. Die eigenen Werte können als innerer Kompass dienen. Die Richtung zeigt meist nicht nach Norden. Das kann auch bedeuten, alte Glaubenssätze loszulassen und neue Wege zu gehen.

D – Distanz: Auf der Karte wird die Distanz zum Ziel gemessen, um Meilensteine und Rastplätze zu definieren. Es braucht eine realistische Einschätzung der Zeit und des Aufwands, um Ängste zu überwinden. Durch Distanz wird sichtbar, Heilung ist ein Prozess und Zeit braucht.

A – Auf und Ab: Man bereitet sich auf Höhenunterschiede vor. Im Umgang mit Ängsten sind das emotionale Berge und Täler. Je stärker unsere Gefühle, desto mehr Kraft brauchen wir, um die Höhen zu erklimmen. Die Gipfelmomente belohnen uns mit Glück und Genugtuung. Gleichzeitig gehören auch die Talfahrten danach dazu – mal sanft, mal steil, je nach Intensität der Emotionen.

NORDA macht deutlich, dass Veränderung ein zentraler Bestandteil auf deinem Weg ist. Um Ängste zu überwinden, braucht es Mut, Schritte zu gehen und den aktuellen Standpunkt zu verlassen. Nur so ist persönliche Entwicklung möglich. Dieser Prozess wiederholt sich immer wieder. Auf dem Weg kann sich ein neuer Pfad eröffnen, der hilfreich ist – oder das Ziel selbst verändert sich mit der Zeit.